Hüftarthroskopie – Hüft-Impingement – FAI – CAM – Pincer

Autor Dr. med. Steffen Thier 

 

Das Hüftgelenk stellt ein sog. Kugelgelenk dar. Es ist trotz seiner knöchernen Führung sehr beweglich. Im Jahr führen wir durchschnittlich ein bis vier Millionen Belastungszyklen (Schritte) durch. Neben dem einfachen Körpergewicht im Stand muss die Hüfte bei sportlichen Belastungen bis zum 13-fachen des Körpergewichtes aushalten.

Die Gelenkpartner (Oberschenkel und Hüftpfanne) sind daher mit einem speziellen Gewebe überzogen „dem Gelenkknorpel“. Der Gelenkknorpel ist ein glattes, elastisches Gewebe, dass zusammen mit der Gelenkflüssigkeit (Gelenköl) für ein optimales Gleiten der Gelenkpartner sorgt.

Die Gelenklippe (Labrum) umgibt die Hüftpfanne wie ein Dichtungsring und hält die Gelenkflüssigkeit im Hüftgelenk und unterstützt hierdurch das Gleiten von Hüftkopf und Gelenkpfanne.

Die Gelenkkapsel umschließt das Hüftgelenk und trägt mit dem umgebenden Sehnen- und Muskelapparat zur Stabilisierung der Hüfte bei.

 

Was ist ein Hüft-Impingement (femoroacetabuläres Impingement)?

 

Das Impingement der Hüfte (Anschlagen der Hüfte) wird durch eine knöcherne Formabweichung des Oberschenkelhalses und/oder der Gelenkpfanne des Hüftgelenkes hervorgerufen.

Vereinfacht gesprochen, kommt es beim Hüft-Impingment schon bei natürlichen Bewegungen der Hüfte zu einem Anschlagen des Oberschenkelhalses am Pfannenrand der Hüftpfanne. Dies führt zu Schäden an dem Gelenkknorpel und/oder der Gelenklippe (Labrum) des Hüftgelenks.

 

Verschiedene Formen des Hüft-Impingements werden unterschieden.

Bei dem sog. CAM-Impingement ist der Hüftkopf an einer bestimmten Stelle entrundet und ähnelt einer Nockenwelle (Hüftkopf hat eine Vorwölbung). Hierdurch kommt es im Bereich der Entrundung der Hüftkopfes zu einem Anschlagen mit der Hüftpfanne und folglich zur Schädigung des Gelenkknorpels und/oder der Gelenklippe.

Bei dem sog. Pincer-Impingement umschließt die Gelenkpfanne den Hüftkopf wie eine Beißzange. Auch diese Veränderung der Hüfte führt zu einem Anschlagen zwischen Hüftkopf und Hüftpfanne.

Ein kombiniertes Impingement ist eine Mischform aus beiden o.g. Impingement-Formen.

 

 

Wie äußern sich typische Beschwerden eines Hüft-Impingement?

 

Auffallend häufig tritt das Impingement der Hüfte bei jungen sportlich aktiven Menschen auf. Zusätzlich scheint ein Zusammenhang mit Sportarten zu bestehen, die häufige Start-Stop-Belastungen oder extreme Bewegungen der Hüfte (Fussball, Handball, Rugby, Kampfsport, Turnen etc.) beinhalten.

Anfänglich werden eher leichtere, wiederkehrende Beschwerden in Form von Leistenschmerzen angegeben. Ein spezifisches Trauma kann häufig nicht angegeben werden. Die Symptome verstärken sich meist bei sport­lichen Belastungen.

Insbesondere Drehbewegungen im Hüftgelenk oder längeres Sitzen (z.B. im Kino) führen zu einer Beschwerdezunahme. Teilweise strahlen die Schmerzen in den Oberschenkel oder das Gesäß aus.

Häufig werden die Beschwerden als ein Leistenbruch oder eine sog. „weiche Leiste“ fehlgedeutet.

 

Welche Diagnostik sollte durchgeführt werden?

 

Zu Anfang erfolgt zunächst ein Gespräch mit dem Patienten (Anamnese) bei dem die Vorgeschichte erfragt wird und der Patient das Beschwerdebild genau beschreibt. Anschließend wird eine ärztliche Untersuchung der Hüfte mit speziellen Funktionstests durchgeführt.

Um die Diagnose zu sichern, werden Röntgenbilder des Beckens sowie der Hüfte in bestimmten Projektionen angefertigt. Zur Beurteilung der Gelenklippe (Labrum) und des Gelenkknorpels ist eine spezielle MRT-Untersuchung nötig. Hierbei wird vor der MRT-Untersuchung ein Kontrastmittel in das Hüftgelenk eingespritzt um die Aussagekraft der MRT-Bilder zu erhöhen.

 

 

Entrundung des Hüftkopfes                                           Darstellung der eigentlichen Form des Hüftkopfes

 

 

Normal angelegte Hüftpfanne                         Ausgeprägt Überbauung der Hüftpfanne                      Hüftpfanne nach Korrektur

 

 

Kann ich das FAI konservativ behandeln?

 

Durch eine konservative Therapie mit Krankengymnastik und Schmerzmitteln kann zwar das Symptom (Leistenschmerz) ggf. etwas gelindert werden, die Ursache des Schmerzes (knöcherne Veränderung der Hüfte/ Schaden der Gelenklippe- oder Knorpelschaden) können so jedoch nicht behandelt werden. Hierzu bedarf es einer Hüftgelenkspiegelung (Arthroskopie).

 

Hüftgelenkspiegelung, was ist das?

 

In dem letzten Jahrzehnt hat sich die Hüftgelenkspiegelung als ein minimal-invasives und sicheres Therapieverfahren bewährt. Wohingegen früher große operative Eingriffe nötig waren um ein Hüft-Impingement zu behandeln, kann die Operation mittlerweile in Schlüssellochtechnik durchgeführt werden. Hierzu werden kleine Zugänge unter Röntgenkontrolle zum Hüftgelenk angelegt wie unten vereinfacht dargestellt.

 

 

Abhängig von der Diagnose können weitere Therapiemaßnahmen in Schlüssellochtechnik durchgeführt werden. Die Entrundung des Hüftkopfes kann mit einer kleinen Fräse korrigiert werden.

(siehe Video, mit freundlicher Genehmigung der Fa. Arthrex).

 

 

 

 

 

Schäden der Gelenklippe können ebenfalls in dieser Technik behandelt werden. Abhängig vom Ausmaß der Schädigung, des Funktionsanspruchs und des Alters des Patienten kann die geschädigte Gelenklippe wieder fixiert (mit Hilfe kleiner Knochenanker; siehe unten) werden oder, ähnlich dem Meniskus im Knie, geglättet werden.

 

Von übergeordneter Wichtigkeit für ein gutes postoperatives Ergebnis scheint nach wissenschaftlichen Studien die Therapie von Knorpelschäden zu sein. Hier bestehen 2 Möglichkeiten.

 

Knochenmark stimulierende Therapien

Das Grundprinzip der knochenmarksstimulierenden Techniken ist die lokale Perforation der Grenze zwischen Knorpel und Knochen („subchondrale Grenzlamelle“) im Defektbereich.  Aus der Zone unterhalb des Knochens („subchondraler Raum“) kommt es durch die gezielte Perforation zur Einblutung in den Knorpeldefekt. Hier bildet sich eine Art „Blutpropfen“ der Ursprungszellen aus der subchondralen Zone beinhaltet. Nach temporärer Ausbildung eines Granulationsgewebes entsteht hieraus schlussendlich ein Ersatzknorpelgewebe.

 

 

Knorpelzelltransplantation (MACT-„Matrixassoziierte Autologe (körpereigene) Chondrozytentransplantation“)

Im Rahmen der Knorpelzelltransplantation werden im ersten Eingriff in Schlüsselloch-Technik (Arthroskopie) 2-3 kleine Knorpelproben aus nicht belasteten Regionen des Hüftgelenkes entnommen. Die so gewonnenen Knorpelzellen werden dann in einer Zellkultur vervielfältigt. Nach ca. 4 Wochen können dann die vervielfältigten, körpereigenen Knorpelzellen in den Knorpeldefekt eingesetzt werden.

Herr Dr. med. Steffen Thier fokussierte sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit auf diese Therapiemöglichkeit

 

 

Behandlung und Verlauf nach einer OP

 

Behandlungsschema nach Hüftarthroskopie mit  Mikrofrakturierung:

 

1.- 6. Woche nach der Operation

 

  • Direkt nach der Operation Ruhigstellung Hüftgelenk für 24 Stunden
  • 24-48 Stunden nach der Operation beginn mit passiven Bewegungsübungen

Bei Hüft-ASK mit Knorpelersatztherapie (Mikrofrakturierung/ACT) und/oder Labrumresktion:

  • Ab dem 2. post-op. Tag aktiv-assistive Physiotherapie im freien Bewegungsumfang (Kryotherapie/ manuelle Lymphdrainage/ Übungen und KG mit geschlossener kinemati­scher Kette/ statisches Muskeltraining ohne distalen Widerstand)
  • Motorbewegungsschiene (CPM-Therapie) ohne Bewegungslimitierung
  • Mobilisation unter Teilbelastung mit 20 kg an UAGs für die ersten 4 Wochen, dann für weitere 2 Wochen mit 30 kg unter Thromboseprophylaxe mit einem NMH

 

Behandlungsschema nach Hüftarthroskopie mit  Labrumrefixation:

 

  • Ab dem 2. post-op. Tag aktiv-assistive Physiotherapie im Bewegungsumfang Extension/Flexion 0-0-80° über 6 Wochen; (Kryotherapie/ manuelle Lymphdrainage/ Übungen und KG mit geschlossener kinemati­scher Kette/ statisches Muskeltraining ohne distalen Widerstand)
  • Motorbewegungsschiene (CPM-Therapie) mit Extension/Flexion 0-0-80°
  • Mobilisation unter Teilbelastung mit 20 kg an UAGs für die ersten 4 Wochen unter Thromboseprophylaxe mit einem NMH , dann stufenweise Aufbelastung

 

  1. – 11. Woche nach der Operation (Bewegungstraining)

 

  • Ergometertraining ohne Widerstand, Schwimmen (Kraul-Beinschlag), bei allen Übungen noch keinen distalen Widerstand
  • Schmerzorientierte Bewegungserarbeitung der Hüfte

 

ab 12. Woche nach der Operation (Muskel- und Koordinationstraining)

 

  • Beginn des Muskelaufbautrainings unter physiotherapeutischer Anleitung , Übungen und KG mit offener kinematische Kette im schmerzfreien Bewegungsumfang
  • Low-Impact-Sportarten Radfahren, Schwimmen oder Nordic Walking; Ergometertraining mit Widerstand
  • High-Impact-Sportarten sollten frühestens 4-6 Monate nach der Operation wieder aufgenommen werden. Nach ACT Wiederaufnahme 12 Monate nach Operation.